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Die Regulierung von Photovoltaik in Baden-Württemberg – Ein Überblick

Roman Haude

Die Energiewende und der Klimaschutz sind zentrale Themen der Landespolitik in Baden-Württemberg. Vor diesem Hintergrund haben die Landesregierung und der Gesetzgeber umfassende Regelungen erlassen, um die Nutzung erneuerbarer Energien, insbesondere Photovoltaik (PV) an Gebäuden zu fördern. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben, die für Neubauten sowie Bestandsgebäude in Baden-Württemberg gelten.


Gesetze und Regularien zu Photovoltaikpflicht
Gesetze und Regeln Photovoltaikpflicht

Photovoltaikpflicht in Baden-Württemberg

Die Verpflichtung zur Installation von Photovoltaikanlagen wurde in Baden-Württemberg schrittweise eingeführt und ist ein zentraler Bestandteil der Strategie zur Reduktion von CO2-Emissionen im Gebäudesektor. Diese Regelung basiert auf dem Klimaschutz- und Klimawandelanpassungsgesetz (KlimaG BW), das die Grundlagen für die Photovoltaikpflicht definiert.


Anwendung der Photovoltaikpflicht

Seit dem 1. Januar 2022 gilt die Photovoltaikpflicht für Neubauten von Nichtwohngebäuden und Parkplätzen mit mehr als 35 Stellplätzen. Der maßgebliche Zeitpunkt ist für alle Neubauvorhaben das Eingangsdatum des Bauantrags oder der vollständigen Bauvorlagen im Kenntnisgabeverfahren. Bei Dachsanierungen zählt das Datum des Baubeginns:


  • Neubau Parkplatz: 1. Januar 2022

  • Neubau Nichtwohngebäude: 1. Januar 2022

  • Neubau Wohngebäude: 1. Mai 2022

  • Grundlegende Dachsanierung: 1. Januar 2023


Grundsätzliche Voraussetzung für die Photovoltaikpflicht ist, dass das jeweilige Bauvorhaben über eine Dach- oder Stellplatzfläche verfügt, die zur Solarnutzung geeignet ist. Dabei ist der Bauherr oder die Bauherrin ist für die Erfüllung der PV-Pflicht verantwortlich.


Größe der Photovoltaikanlagen

Generell sollte möglichst die gesamte zur Solarnutzung geeignete Dach- oder Stellplatzfläche mit PV-Modulen ausgestattet werden. Als Richtwert wird häufig genannt, dass etwa 75 % der geeigneten Fläche genutzt werden sollen, um das Potenzial der Solarenergie weitestgehend auszuschöpfen. Falls weniger Fläche genutzt wird, kann dies durch alternative Maßnahmen wie Solarthermie ausgeglichen werden.


Im Allgemeinen muss die Modulfläche mindestens 60 % dieser geeigneten Dachfläche abdecken. Falls Teile der Dachfläche für andere „notwendige Nutzungen“ wie Dachterrassen verwendet werden, erhöht sich der erforderliche Anteil auf 75 % der verbleibenden Fläche.

Wenn eine öffentlich-rechtliche Pflicht zur Dachbegrünung besteht, reduziert sich die erforderliche Mindestnutzung der Dachfläche für Photovoltaikmodule um 50 %. Diese Regelung greift jedoch nicht, wenn die Dachbegrünung freiwillig erfolgt.


Mindestgröße in Relation zur bebauten Fläche

Alternativ zur Modulfläche kann die Photovoltaikpflicht auch durch eine bestimmte Mindestleistung der Anlage erfüllt werden. Für Wohngebäude und grundlegende Dachsanierungen gilt die Pflicht als erfüllt, wenn die Anlage eine Mindestleistung von 0,06 Kilowatt Peak pro Quadratmeter der überbauten Grundstücksfläche aufweist. Das bedeutet, für ein typisches Einfamilienhaus mit einer Grundfläche von 120 bis 150 Quadratmetern ist eine Anlagenleistung von 7,2 bis 9 kWp ausreichend.


Anlagengröße bei Parkplätzen

Bei Parkplätzen reicht es aus, wenn mindestens 60 % der geeigneten Stellplatzfläche mit Photovoltaikmodulen ausgestattet werden. Für Fahrgassen gilt diese Pflicht nicht.

Die Verordnung legt auch fest, dass es keine Vorschriften zur genauen Beschaffenheit, Ausrichtung oder Platzierung der Module gibt, sodass Bauherren frei wählen können, wie sie die Anlagen installieren.


Das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg hat hierzu und zu vielen weiteren Fragen eine hilfreiche "Frage und Antworten Seite (FAQ)" erstellt (FAQ Photovoltaikpflicht).


Ausnahmen und Härtefallregelungen

Die Pflicht zur Installation von Photovoltaikanlagen ist nicht absolut. Es gibt Ausnahmen, wenn der Bauherr nachweisen kann, dass die Installation aus technischen oder wirtschaftlichen Gründen unzumutbar ist.

Ein Antrag auf Ausnahme von der Photovoltaikpflicht in Baden-Württemberg kann gestellt werden, wenn bestimmte Härtefallgründe vorliegen. Zu den typischen Gründen gehören:


  • Unzureichende Statik des Dachs: Wenn das Dach die zusätzliche Last durch PV-Module nicht tragen kann, ohne dass umfassende und kostspielige bauliche Maßnahmen erforderlich sind.

  • Starke Verschattung: Wenn die Dachfläche durch umliegende Gebäude, Bäume oder andere Hindernisse stark verschattet ist, sodass die Effizienz der PV-Anlage erheblich beeinträchtigt wird.

  • Unverhältnismäßig hohe Kosten: Wenn die Kosten für die Installation der PV-Anlage in keinem angemessenen Verhältnis zum erwarteten Ertrag oder zur Wirtschaftlichkeit stehen.

  • Denkmalgeschützte Gebäude: Wenn das Gebäude unter Denkmalschutz steht und die Installation einer PV-Anlage das historische Erscheinungsbild beeinträchtigen würde.

  • Technische Ungeeignetheit: Wenn das Dachmaterial oder die Dachform technisch nicht für die Installation von PV-Modulen geeignet ist.


Diese Gründe müssen im Rahmen eines Antrags bei der zuständigen Baurechtsbehörde nachgewiesen werden.


Die Photovoltaikpflicht in Baden-Württemberg markiert einen bedeutenden Schritt hin zu nachhaltiger Energiegewinnung. Sie fördert die Installation von Solaranlagen auf Neubauten und bei Dachsanierungen, wodurch das Land einen aktiven Beitrag zur Reduktion von CO2-Emissionen leistet. Durch flexible Regelungen ermöglicht die Pflicht zugleich individuelle Anpassungen, was Bauherren sowohl ökologisch als auch wirtschaftlich zugutekommt. Insgesamt zeigt sich, dass Baden-Württemberg mit diesen Maßnahmen eine klimafreundliche und zukunftsorientierte Baupraxis etabliert.

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